Der letzte gewöhnliche Aufenthalt bei „Mallorca Rentnern“ und „Demenztourismus“?
Hat man in seinem Testament keine Rechtswahl getroffen, greift bei Eintritt des Erbfalls automatisch die Rechtsordnung des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers.
Aus diesem Grund ist insbesondere bei den sogenannten „Mallorca Rentnern“ Vorsicht geboten: Steht im Testament nicht, dass deutsches Erbrecht Anwendung finden soll und hat man die letzten zehn Jahre auf Mallorca verbracht, greift automatisch das spanische Erbrecht.
Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person bestimmt sich nach deren tatsächlichen Lebensmittelpunkt und ist im Einzelfall anhand einer Gesamtbetrachtung aller Umstände zu bestimmen. Ob auch eine subjektive Komponente, also ein „Bleibewille“ der Erblasserin oder des Erblassers, für die Bestimmung des letzten Aufenthaltes erforderlich ist, und welche Anforderungen an diese zu stellen sind, ist umstritten.
Relevant wird diese Streitfrage nicht nur bei Minderjährigen, sondern auch bei geschäftsunfähigen Personen. Steht die/der Erblasser*in vor seinem Tod unter Betreuung, stellt sich die Frage, wessen Wille für die Bestimmung des Aufenthalts ausschlaggebend ist: der der betreuenden Person oder der der/des Erblasser*in selbst?
Zur Lösung dieses Problems werden viele Ansichten vertreten; abschließend geklärt ist die Frage nicht.
Nach einer Ansicht komme es auf den natürlichen Aufenthaltswillen der/des Erblasser*in und nicht auf den rechtsgeschäftlichen, den er als betreute Person nicht mehr bilden kann, an.
Eine andere Ansicht stellt auf die Aufenthaltsbestimmung durch der/den Betreuer*in ab.
Manche vertreten auch eine vermittelnde Ansicht, die sich daran orientiert, ob die/der Erblasser*in objektiv in sein Umfeld integriert ist. Dagegen spricht aber, dass auch Personen, die wenig integriert sind oder zurückgezogen leben, einen gewöhnlichen Aufenthalt haben bzw. bilden können müssen.
Einige Stimmen fragen schließlich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der letzten Geschäftsfähigkeit.
Besonders problematisch ist dieser Streit in Fällen des sogenannten „Demenztourismus“. Damit sind Konstellationen gemeint, in denen geschäftsunfähige Erblasser*innen ins Ausland verbracht werden, um Pflegekosten zu sparen. Im Falle eines Missbrauchs der Position des Betreuenden kann bei grenzüberschreitenden Sachverhalten aber Art. 21 Abs. 2 EuErbVO Abhilfe verschaffen. Dieser besagt, dass ausnahmsweise eine offensichtlich engere Bindung der/des Erblasser*in zu einem anderen Mitgliedstaat die Regelung des letzten gewöhnlichen Aufenthalts verdrängen kann.
Letztlich ist festzuhalten: Auch wenn man denkt, die Problematiken um den letzten gewöhnlichen Aufenthalt werden die eigene Person nie betreffen, kann im späteren Verlauf des Lebens immer Unvorhergesehenes geschehen. Die Rechtswahl im Testament ist also wichtig!
Quellen: OLG München Beschluss v. 09.02.2023, 33 UH 4/23e; Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Auflage 2019, § 343, Rn. 19
Beitragsbild: ©AdobeStock:U-JAlexander